Bedarf an Familienpatinnen wächst – Hilfe in belastenden Situationen – Kinderschutzbund kommt mit sieben ehrenamtlichen Helferinnen nicht mehr aus

Wenn Mehrlinge auf die Welt kommen, Eltern alleinerziehend sind oder keine sozialen Netze haben, ist oftmals Unterstützung von außen gefragt. Helfen können die ehrenamtlichen Familienpaten des Kinderschutzbunds im Kreis Esslingen. Weil der Bedarf groß ist, sucht der Verein nun weitere Interessierte, die sich ausbilden lassen.62174_1_fullwide_0608201306kr13aVon Bianca Lütz-Holoch

Schon ein Kind kann das Leben durcheinanderwirbeln. Wenn allerdings Zwillinge oder gar Drillinge auf die Welt kommen, herrscht manchmal regelrecht Land unter. „Das ist ganz schön happig“, formuliert es Ulrike Horner, Familienpatin beim Kreisverband Esslingen des Kinderschutzbunds. Sie schildert einen Fall aus Esslingen: „Die Familie wollte noch ein drittes Kind haben – und bekam Drillinge dazu.“ Sogar der Besuch des benachbarten Spielplatzes wurde für die fünffache Mutter zu einem Unterfangen, das sie kaum bewältigen konnte – bis der Kinderschutzbund ihr eine Familienpatin zur Seite stellte. Eine Ehrenamtliche half, die Kinder anzuziehen und zu beaufsichtigen, und ermöglichte es Mutter und Kindern, auch mal aus dem Haus zu kommen.Es gibt noch andere Gründe dafür, dass Familien die Hilfe eines Paten brauchen. „Bedarf haben häufig Alleinerziehende oder Familien mit Migrationshintergrund, die keine Verwandten in der Nähe haben“, weiß Sonja Hofmann, Koordinatorin und Supervisorin des Patenprojekts beim Kinderschutzbund. Die Paten stehen Familien in besonders belastenden Situationen zur Seite. Einzige Bedingung: „Ein Kind in der Familie muss unter drei Jahren alt sein“, sagt Sonja Hofmann. „Es soll eine Art Starthilfe sein“, begründet Ulrike Horner.So unterschiedlich die Familien sind, so unterschiedlich gestalten sich die Aufgaben der Paten. „Manchmal geht es einfach nur darum, mit den Kindern zu spielen oder ihnen etwas vorzulesen, während die Mutter zum Arzt geht oder sich um ihren Haushalt kümmert“, weiß Ulrike Horner aus Erfahrung. Die 63-Jährige hat das Projekt vor drei Jahren mit ins Leben gerufen und war bis vor Kurzem für die Koordination zuständig. Jetzt hat die 40-Jährige Sozialpädagogin Sonja Hofmann aus Kirchheim die Aufgabe übernommen. In anderen Fällen sind die Paten beim Aufbau von Kontakten und sozialen Netzwerken gefragt. Immer wieder bräuchten Familien auch Hilfe bei Alltagstätigkeiten wie Einkauf oder Haushalt. „Die Paten sind aber keine Haushaltshilfe“, betont Horner. Sie helfen den Familien lediglich bei der Organisation und stellen beispielsweise zusammen mit der Mutter einen Putz- oder Bügelplan auf. Zu einem Paten kommen die Familien auf eigenen Wunsch, oft auch aufgrund einer Empfehlung durch Kinderarzt, Hebamme oder Sozialem Dienst. „Die Teilnahme ist aber freiwillig“, betont Sonja Hofmann.Insgesamt sieben aktive Patinnen gibt es derzeit im Kreis Esslingen, zwei weitere werden im Herbst ausgebildet. Den Bedarf decken kann der Kinderschutzbund mit dieser Zahl an Ehrenamtlichen nicht. „Wir bekommen viele Anfragen, die wir nicht alle bedienen können“, berichtet Hofmann. Das liegt zum einen daran, dass die Begleitung einer Familie auf sechs Monate angelegt ist und bei Bedarf verlängert werden kann. Zum anderen steigt der Bedarf an Hilfe. Grund dafür sind gesellschaftliche Veränderungen. „Familien werden immer mehr auseinandergerissen und die Zahl der Alleinerziehenden nimmt zu“, sagt Ulrike Horner. Den Bedarf erkannte auch der Soziale Dienst des Landratsamts Esslingen. Er saß von Anfang an mit im Boot, begleitete und beobachtete das Familienpaten-Projekt, das sich anfangs durch eine große Spende finanzierte. Als der Spendentopf leer war, stieg der Kreis in die Finanzierung ein. „Die Familienpaten als niederschwelliges Hilfsangebot sind auch eine gute Ergänzung zur Betreuung durch den Sozialen Dienst“, erläutert Hofmann, dass professionelle und ehrenamtliche Angebote für junge Familien Hand in Hand laufen.Wer an der Patentätigkeit interessiert ist, sollte sich längerfristig darauf einlasen. Die Paten besuchen eine Familie ein bis zwei Mal pro Woche, höchstens vier Stunden wöchentlich. Die kosten für die Ausbildung trägt der Kinderschutzbund, es gibt zudem eine geringe Aufwandsentschädigung. Bewerbung beim Deutschen Kinderschutzbund, Tel. 0711/35 29 55 oder über die Homepage www.ksb-e.de

Quelle: Presseartikel der Esslinger Zeitung vom 06.08.2013